Dr. Anna Mucha

Organisationsforschung | Organisationsberatung

Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie: dieses Zitat von Kurt Lewin drückt gut aus, wofür ich mich interessiere. Nämlich für Konzepte mittlerer Reichweite, die Orientierung und eine systematische Reflexion der eigenen organisationalen Realität – des vermeintlich Bekannten – ermöglichen. Und dabei neue Aspekte zum Vorschein bringen.

Ich mag theoretische Ansätze, die helfen, den Arbeits- und Führungsalltag besser zu verstehen und Organisationen weiterzuentwickeln. Und die dazu beitragen, dass sich Menschen in Organisationen handlungsfähiger, autonomer und selbstwirksamer fühlen. Einige dieser Ansätze stelle ich hier vor.

Abwehrmechanismen

Ob Verleugnung, Verschiebung oder Projektion – Abwehr ist im Arbeitsalltag und besonders in Change-Situationen allgegenwärtig. Abwehrmechanismen sind automatisierte unbewusste Lösungsstrategien, die dazu dienen, das Bewusstsein vor Angst, Schmerz und inneren Konflikten zu schützen. Im Rahmen von Personal- und Organisationsentwicklung ist die Abwehrperspektive hilfreich, um irritierende Prozesse, Dynamiken, und Reibungsverluste besser zu verstehen. Führungskräfte und Beratungspersonen, die um die Existenz und Bedeutung von Abwehrmechanismen wissen, können in ihren Reaktionen flexibler werden und Ansätze zum Umgang mit abwehrkritischen Situationen entwickeln.

Macht & Mikropolitik

Haben Sie auch schon erlebt, dass Menschen in Organisationen deutlich mehr Einfluss nehmen, als ihre hierarchische Position es vermuten lassen würde? Diesen informellen Aufbau und Einsatz von Macht nennt man Mikropolitik. Menschen in Organisationen koalieren, überspringen Instanzen und argumentieren emotional oder sachlich, um ihre Handlungsspielräume zu vergrößern und ihre Identität zu schützen. Frauen in technischen Berufen oder Führungspositionen stehen zudem vor der  Herausforderung, dass Technik und Führung noch immer männlich gedacht werden. Die mikropolitische Perspektive kann dabei helfen, einen strategischen Umgang mit dieser Situation zu entwickeln.

Diversity Management

Demographischer Wandel, Fachkräftemangel, Wertewandel und digitale Transformation stellen Unternehmen vor personalpolitische Herausforderungen. Das Konzept Diversity Management bietet eine systematische Perspektive der Antidiskriminierung und Inklusion und verbindet unterschiedliche Personalthemen miteinander, die auch für kleine und mittlere Unternehmen wichtig sind: z.B. die Ansprache neuer Zielgruppen, faire Einstellungsprozesse, die Qualifizierung einer heterogenen Belegschaft, Age-Management und eine vereinbarkeitsorientierte Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung. Diversity-Kompetenz wird zu einer Schlüsselkompetenz für Personalarbeit und Führung.

Emotionen

Emotionen sind in Organisationen allgegenwärtig und wirken sich auf vielfältige Weise aus. Gefühle spielen bei Themen wie Arbeitszufriedenheit, Belastung und Beanspruchung und Stressempfinden eine Rolle – und damit bei Phänomenen wie Fehlzeiten, Fluktuation und innerer Kündigung. Außerdem findet in Organisationen Emotionsarbeit statt, d.h. es ist ein mehr oder weniger ausgeprägtes Management der eigenen Gefühle erforderlich, um die den Arbeitsanforderungen entsprechenden Emotionen zu transportieren. Dies gilt für sozialen Sektor und Dienstleistungsbereich, aber auch für viele anderen Arbeitsfelder. Besonders betroffen von Emotionserwartungen sind weiblich konnotierte Berufe.

Dr. Anna Mucha
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